Entspannter Tierarztbesuch
Die wenigsten Hunde sind bei Tierarztbesuchen entspannt. Für einige ist schon die Fahrt zur Praxis mit Stress verbunden. Im Wartezimmer treffen dann auf begrenztem Raum unterschiedliche Tiere aufeinander. Und das Schlimmste kommt erst noch: der Behandlungsraum. Da wohl kein Hund um den Besuch einer Tierarztpraxis herumkommt, gibt es hier ein paar hilfreiche Tipps, wie es für alle Beteiligten möglichst entspannt ablaufen kann.
Die Fahrt zur Praxis
Die meisten Tierhalter transportieren ihren Hund mit dem Auto zum Tierarzt. Für Hunde, die Angst vorm Autofahren haben oder unter einer Reisekrankheit leiden, beginnt die Autofahrt mit Jaulen, Hecheln oder gar Erbrechen. Kein guter Start für Hund und Frauchen beziehungsweise Herrchen. Haben Hunde generell Angst vorm Autofahren, sollten eine Hundetrainerin oder ein Hundetrainer frühzeitig beratend hinzugezogen werden. Über ein gezieltes Training kann der Hund an das Autofahren gewöhnt werden. Vor allem sollten Hundebesitzer mit ihrem Hund nicht nur ins Auto steigen, wenn ein Tierarzttermin ansteht. Denn dann verknüpfen Hunde das Autofahren stets mit etwas Unangenehmen. Stattdessen sollten Autofahrten häufiger an schöne Orte führen, zum Beispiel in den Wald oder auf eine Wiese, auf der ausgiebig gespielt wird.
Bei Vorliegen einer Reisekrankheit kann zunächst versucht werden, dem Hund mit natürlichen Nahrungsergänzungsmitteln zu helfen. Auf keinen Fall dürfen Medikamente, die im Humanbereich bei Reisekrankheit eingesetzt werden, einfach dem Tier verabreicht werden. Wer unsicher ist, kann sich von einem erfahrenen Tierheilpraktiker oder Tierarzt beraten lassen.
Vor der Fahrt bitte immer einen Gassigang einplanen, bei dem der Hund sich lösen kann. Eine gewisse körperliche und seelische Auslastung kann vor einem Tierarztbesuch ebenfalls von Vorteil sein. Je nach Dauer der Fahrt (zum Beispiel in eine entferntere Tierklinik) kann eine Pause eingelegt werden. Insbesondere in der warmen Jahreszeit immer genügend frisches Wasser anbieten. Hitze an sich bedeutet für viele Hunde bereits Stress. Selbstverständlich sollte kein Hund bei hohen Temperaturen im Auto alleingelassen werden. Wer mit öffentlichen Verkehrsmitteln anreist, legt den Tierarzttermin am besten so, dass er mit seinem Hund nicht während der Rushhour in Bus und Bahn unterwegs ist.
Zu Hause üben
Das Training für einen entspannten Tierarztbesuch setzt schon frühzeitig an, und zwar zu Hause, in der gewohnten Umgebung. Hier werden durch den Tierhalter bestimmte Situationen der Tierarztpraxis simuliert. Sei es das Anfassen der Tiere an bestimmten Stellen, das Öffnen des Mauls, die Begutachtung der Zähne, Pfote geben, einen Kragen oder Maulkorb anlegen, in die Ohren schauen usw.
Die Untersuchung zu Hause wird spielerisch und zunächst in kurzen Einheiten geübt. Zu Beginn zunächst die Lefze hochziehen oder in die Ohren schauen – und ausgiebiges Loben und Belohnen nicht vergessen. Lässt der Hund sich die „Untersuchung“ gefallen, können die Übungen erweitert werden, bis hin zum Krallen schneiden und Fieber messen, was für viele Hunde ein unliebsames Unterfangen ist.
Alles, was Tiere als nicht angsteinflößend bereits kennengelernt haben, wird ihnen in der Tierarztpraxis weniger oder keinen Stress bereiten. Unter Umständen lassen sich durch das so genannte Medical Training sogar Sedierungen vermeiden, beispielsweise, wenn ein Hund gelernt hat, ruhig liegen zu bleiben, zum Beispiel beim Röntgen, Ultraschall oder im Kernspintomografen. Natürlich lassen sich nicht alle Situationen einer Tierarztpraxis im Vorfeld simulieren.
Um das Medical Training zu perfektionieren, können sich Hundehalter das so genannte Clickertraining zunutze machen. Hier wird der Klick als positiver Verstärker eingesetzt. Der Clicker muss zuvor konditioniert werden. Zum Thema Clickertraining gibt es jede Menge Angebote von Hundeschulen und Literatur zum Nachlesen.
Wartezeit überstehen
Wenn die Möglichkeit besteht, für Behandlungen einen Termin zu vereinbaren, sollte diese Option genutzt werden. Gerade bei offenen Sprechstunden ergeben sich manchmal recht lange Wartezeiten. Lässt sich Wartezeit nicht vermeiden, sollte man sich mit seinem Hund möglichst weit weg von den restlichen Tieren und fremden Artgenossen setzen. Eine mitgebrachte, vertraut riechende, Decke oder das Lieblingsspielzeug bieten Ablenkung und beruhigen.
Wenn es nicht gerade regnet, stürmt oder schneit, warten auch einige Tierbesitzer mit ihren Lieblingen gern vor der Praxis. Hier ist nicht nur mehr Platz, auch die ungewohnten Gerüche nach Desinfektionsmittel und fremden Menschen und Tieren sind an der frischen Luft weniger intensiv. Wenn es die Zeit erlaubt, kann mit einem kurzen Spaziergang die Wartezeit überbrückt und Stress abgebaut werden. Zeigt der Hund auf dem Parkplatz vor der Praxis erste Stressanzeichen, können kleine Such- oder Apportierspiele für Ablenkung sorgen. Das funktioniert allerdings nur, wenn der Stress noch nicht allzu groß ist. Hier bitte beachten, dass Leckerli dabei nur zum Einsatz kommen dürfen, wenn der Hund nicht nüchtern erscheinen soll. Steht eine Blutabnahme an, am besten vorher fragen, ob der Hund dafür nüchtern sein muss.
Sehr ängstliche Hunde fühlen sich oft im vertrauten Auto am sichersten und können zusammen mit Herrchen/Frauchen gegebenenfalls auch dort auf die Untersuchung warten.
Welpen mit der Praxis vertraut machen
Sehr junge Hunde vom Züchter sind erfahrungsgemäß zunächst wenig ängstlich. Zum einen leisten hier seriöse Züchter gute Vorarbeit, indem sie ihre Welpen auf möglichst viele Situationen vorbereiten, wozu auch das Autofahren und eventuell ein Tierarztbesuch gehören. Zum anderen nähern sich Hunde in diesem Alter ungewohnten Umständen meist noch ziemlich unbedarft und mit einer gesunden Portion Neugier. Mit zunehmendem Alter und häufigeren (negativen) Tierarzterfahrungen steigt in der Regel das Angstverhalten der Hunde.
Hunde aus dem Tierschutz begegnen neuen Situationen für gewöhnlich mit großer Skepsis. Der Grund ist eine fehlende Sozialisierung und Prägung auf Umweltreize im Welpenalter. Tierschutzhunde reagieren entsprechend unsicher und nervös.
So oder so bietet es sich an, mit seinem Hund zunächst zu harmlosen Kurzbesuchen ohne Behandlung in die Praxis zu kommen, um positive Erlebnisse zu manifestieren. Hundehalter können in ihrer Praxis nachfragen, ob das möglich ist.
Stress erkennen
Im Übrigen ist es immer von Vorteil, seinen eigenen Hund und seine Körpersprache „lesen“ zu können. So lassen sich frühzeitig erste Stressanzeichen erkennen. Eine eingezogene Rute, zittern und winseln erkennen fast alle Hundehalter als Angstsymptome. Es gibt jedoch viel subtilere Anzeichen von Stress, wie Gähnen, Hecheln, Maulschlecken oder häufiges Schütteln. Wie der Mensch auch, reagiert jeder Hund anders auf Stress. Während die einen laut werden und bellen, werden andere ganz still. Durch aufmerksames Beobachten des eigenen Hundes, kann jeder Halter sein Tier am besten kennenlernen und ihm zur Seite stehen. Wer Hilfe benötigt, findet bei Hundetrainern und Verhaltenstherapeuten kompetente Unterstützung.
Im Behandlungsraum
Im Behandlungsraum sollten Besitzer ihren Hund nicht sofort auf den Behandlungstisch heben. Wenn der Tierarzt noch nicht anwesend ist, können Hunde auf dem Boden bleiben und sich dort mit den Gerüchen vertraut machen. Einige Tierärzte untersuchen Hunde sogar auf dem Boden, um ihnen den zusätzlichen Stress auf dem Tisch zu ersparen.
Ist ein aggressives Verhalten bekannt, sollte der Tierarzt vorab informiert werden, um Vorsichtsmaßnahmen einzuleiten und Verletzungen zu vermeiden. Wurde der Hund bereits an das Tragen eines Maulkorbs gewöhnt, wird ihm das in dieser Situation zugutekommen, weil es keinen zusätzlichen Stress auslöst.
In den meisten Tierarztpraxen ist es üblich, dass nach der Behandlung ein Leckerli angeboten wird. So wird eine positive Verknüpfung mit dem Besuch beim Tierarzt hergestellt. Wer einen Hund mit Futtermittelunverträglichkeiten hat, kann dem Tierarzt geeignete Leckerli mitbringen und bereitlegen, damit sein Hund nicht auf die verdiente Belohnung verzichten muss.
Selbst Ruhe bewahren
Auch wenn viele Tierhalter bei Tierarztbesuchen ebenfalls aufgeregt sind, sollten sie versuchen, sich ihre Aufregung nicht anmerken zu lassen und stattdessen Gelassenheit ausstrahlen. Statt unsere Nervosität oder Sorge auf unseren Hund zu übertragen, sollten wir selbst lernen, souverän mit Stresssituationen umzugehen. Das gilt nicht nur für die Zeit in der Praxis, sondern bereits für die Anreise und die Wartezeit. Wenn der Tierhalter Ruhe und Zuversicht ausstrahlt, wird der Hund den Besuch beim Tierarzt in einer positiveren Grundstimmung über sich ergehen lassen.
Den richtigen Tierarzt finden
Wenn unser Tier krank ist, möchten wir es selbstverständlich in guten Händen wissen. Ebenso wie für uns selbst, wählen wir natürlich möglichst kompetente Ärzte. Aber nicht nur die Kompetenz ist wichtig, auch die Sympathie spielt eine entscheidende Rolle. Vertrauen wir dem Tierarzt nicht und fühlen uns in der Praxis nicht wohl, wird unser Hund dies bemerken. Die Sympathie zwischen allen Beteiligten ist wichtig, damit unser Hund überhaupt eine Chance auf Entspannung hat. Sowohl Mensch als auch Tier müssen sich in der Tierarztpraxis gut aufgehoben fühlen.
Nach dem Besuch
Die meisten Hunde benötigen nach dem Tierarztbesuch Ruhe. Nicht nur Welpen sind nach der Aufregung erschöpft. Am besten geht es direkt nach Hause, wo der Hund sich zurückziehen und ausruhen kann, sofern er das möchte. Ungünstig ist es, Tierarztbesuche zeitlich unmittelbar vor Trainingsstunden in der Hundeschule oder andere für ihn anstrengende Aktivitäten zu legen.