Hunde an Silvester unterstützen
Was für uns den erfolgreichen Start in ein neues Jahr bedeutet, kann bei Tieren große Ängste schüren und Panikattacken auslösen. Insbesondere für geräuschempfindliche Hunde stellt Silvester eine ausgesprochen belastende Zeit dar. Im Gegensatz zum normalen Feuerwerk, welches nach maximal einer Stunde überstanden ist, zieht sich an Silvester der Stress für Hunde über mehrere Tage hin. Mit Beginn des Feuerwerksverkaufs bis in den Neujahrstag hinein und bisweilen darüber hinaus, stehen unseren Hunden mehrere herausfordernde Tage bevor.
Hunde zeigen in dieser Zeit unterschiedliche Verhaltensweisen. Manche ziehen sich an vermeintlich sichere Orte zurück oder suchen die körperliche Nähe zum Besitzer. Andere sind unruhig und bellen viel. Manche Hunde zittern, hecheln, speicheln, winseln oder jaulen. Stress kann sogar dazu führen, dass der Hund sich erbricht, Durchfall bekommt und unsauber wird, das heißt, dass er aus Angst Urin und Kot in der Wohnung/im Haus absetzt. Ganz gleich, wie ein Hund sein Unbehagen zeigt, wir als Halter können und sollten ihn bestmöglich schützen und unterstützen.
Der letzte Gassigang des Tages sollte möglichst vor Einbruch der Dunkelheit erfolgen. Zum einen geht der größte Krach erst später los, zum anderen sind Raketen & Co. in der Dunkelheit stärker zu sehen und können umso beängstigender wirken. Als Hundebesitzer sieht man im Dunkeln zudem schlechter, was der Hund aufnimmt. Die oft schwefelhaltigen Inhaltsstoffe von Böllern können verschluckt dazu führen, dass der Silvesterabend in der Notaufnahme der Tierklinik endet. Wichtig ist auch: Egal, wie gut der eigene Hund hört, an Silvester (und den Tagen davor und danach) gehört der Hund gut gesichert an die Leine.
Viele Tierhalter machen sich schon vor Silvester Sorgen, weil sie nicht wissen, wie gut ihr Tier diese Zeit überstehen wird. Wichtig: Cool down. Hunde orientieren sich an uns. Es hilft ihnen nicht, wenn wir selbst ein Nervenbündel sind – im Gegenteil. Eine Ruhe und Gelassenheit ausstrahlende Bezugsperson kann hingegen helfen, die Ängste des Hundes zu reduzieren. Aber wie ist das mit dem Trösten – darf man oder lieber nicht? Stimmt es, dass Hunde dann in ihrer Angst bestärkt werden? Also lieber ignorieren? Einen ängstlichen Hund sollte niemand im Stich lassen. Zwar sollten Hunde in dieser Situation nicht bemitleidet und betüddelt werden, jedoch dürfen und sollten (!) wir als Halter für unseren Vierbeiner da sein. Das ist auch schon alles: da sein, der berühmte Fels in der Brandung. Wenn ein Hund körperliche Nähe und Schutz sucht, darf er sich hinter uns verstecken, an uns Sicherheit finden und auch unsere Hand ruhig auf seinem Rücken oder am Brustkorb spüren, wenn ihn das entspannt. Maßvolle körperliche Zuwendung lindert Stress und vermittelt Schutz und Geborgenheit, immer vorausgesetzt, unser Hund möchte das.
Manche Hunde wollen sich lieber zurückziehen. Wenn der Hund sich ein Versteck gesucht hat, sollte er nach Möglichkeit dort bleiben dürfen. Beliebte Rückzugsorte sind Badezimmer oder Keller, bevorzugt Räume ohne Fenster, um maximal vor Geräuschen und optischen Reizen geschützt zu sein. Heruntergelassene Rollläden schirmen ebenfalls ab. Beruhigende Musik oder ein laufender Fernseher können die Außengeräusche zumindest etwas übertönen. Auf YouTube finden sich mehrstündige Videos mit Entspannungsmusik speziell für Hunde. Eine große Hundebox, mit dicken Decken abgehängt und weich gepolstert, wird gern zum sicheren Rückzugsort auserkoren. Der Aufenthalt an diesem sicheren Ort kann im Vorfeld zusätzlich konditioniert werden.
Einigen Hunden hilft zudem sensorisches Feedback in Form einer Weste (ThunderShirt), die eng am Körper des Hundes anliegt. Der sanfte, konstante Druck auf die Haut kann die Ausschüttung von Oxytocin zur Folge haben. Oxytocin ist einer der wichtigsten Gegenspieler des Stresshormons Cortisol. Das ThunderShirt, alternativ ein enges T-Shirt, hat auf diese Weise einen beruhigenden Effekt auf viele Hunde. Die Methode ist dieselbe wie beim Pucken von Säuglingen.
Wer die Tellington-TTouch-Methode beherrscht, kann seinen Hund mit gezielten Handgriffen beruhigen. Hier gibt es Seminare und Workshops speziell zum Thema Silvesterangst.
Eine weitere Entspannungsmethode ist die Aromatherapie mittels ätherischer Öle. Es steht eine große Anzahl angstlösend und beruhigend wirksamer ätherischer Öle zur Verfügung. Bewährt hat sich eine Verdampfung von einigen Tropfen Lavendelöl in Wasser mittels eines Aromadiffusors. Ätherische Öle dürfen niemals pur auf das Tier aufgebracht werden.
Bachblüten können ebenfalls helfen, Ängste zu lindern. Fast immer kommen Mischungen aus mehreren Blüten zum Einsatz. Am bekanntesten ist die Rescue-Bachblütenmischung, die zur Stabilisierung der Psyche in Notfall- und Stresssituationen – für viele Hunde ist Silvester Stress – zur Anwendung kommt. Die fünf Blüten der „Notfall-Mischung“ decken nicht alle Angst-Situationen ab und zeigen deshalb nicht immer den gewünschten Erfolg. Bei der Zuordnung der Blüten kommt es auf den Charakter des Hundes und seine individuelle Reaktion an Silvester an. Versteckt er sich an vermeintlich sicheren Orten? Hat er grundsätzlich ein ängstliches Naturell, ist schreckhaft und bleibt nicht gerne allein? Steht er seit dem ersten Böller unter dauernder Anspannung, wirkt abwesend, ist schlecht ansprechbar und unkonzentriert? Wird es mit jedem Silvester schlimmer? Jede Konstellation verlangt nach einer anderen Blüte. An Silvester hat sich eine Kombination aus der Rescue-Mischung zusammen mit den Blüten Aspen, Mimulus, White Chestnut und Gentian bei vielen Hunden bewährt und ist einen Versuch wert.
Bei einigen Hunden reichen alle genannten Maßnahmen und Entspannungstechniken nicht aus. Hier können Beruhigungsmittel pflanzlicher oder chemischer Art zum Einsatz kommen. Pflanzliche Mittel haben meist keine Nebenwirkungen und machen nicht abhängig. Es gibt Pflanzen mit angstlösender, stimmungsaufhellender, beruhigender und muskelentspannender Wirkung. Sie können also eine echte Alternative zu schulmedizinischen Medikamenten sein, WENN frühzeitig mit der Gabe begonnen wird. Pflanzliche Mittel wirken nämlich leider nicht kurzfristig. Die maximale Wirkung tritt meist erst nach mehrmaliger Gabe ein. Baldrian wirkt angst- und krampflösend sowie muskelentspannend. Hafer wirkt stressabbauend, Hopfen beruhigend und krampflösend, Johanniskraut stimmungsaufhellend und beruhigend. Lavendelblüten funktionieren nicht nur äußerlich in Form der genannten Aromatherapie, sondern auch als innerliche Gabe. Melisse beruhigt und löst (Magen-)krämpfe, Passionsblume gilt als angstlösend, beruhigend und entspannend. Die genannten Mittel sind als Tinktur oder als getrocknetes Kraut erhältlich. Es gibt auch fertige Kräutermischungen für Hunde, die mehrere der genannten Heilpflanzen enthalten.
Schulmedizinisch gibt es stark angstlösende Psychopharmaka. Sie bergen allerdings die Gefahr einer Abhängigkeit und eignen sich nur für den kurzzeitigen Einsatz. Zum Teil können diese Angstlöser bei Hunden auch paradoxe Reaktionen auslösen. Hier sollte zusammen mit dem Tierarzt/der Tierärztin genau abgewogen werden, inwiefern der Einsatz Sinn macht.
In Foren und auf Ratgeberseiten im Internet wird zum Teil geraten, Hunden an Silvester Eierlikör zu verabreichen. Hier gilt der Grundsatz: Die Dosis macht das Gift. Zwar können Hunde, in Abhängigkeit ihres Körpergewichts, geringe Mengen Alkohol verstoffwechseln, wer keine Alkoholvergiftung riskieren möchte, sollte es jedoch besser sein lassen.
Wer seinen geräuschempfindlichen Hund langfristig von seinen Ängsten befreien möchte, kann mit speziellen Geräusch-CDs eine Desensibilisierung angehen. Durch die schrittweise Gewöhnung an Feuerwerkslärm, gekoppelt an positive Reize, kann der Hund mit den Problemgeräuschen vertraut gemacht werden. Das Training braucht Zeit, weshalb nicht erst kurz vor Silvester damit begonnen werden sollte. Während das angstauslösende Geräusch anfangs nur leise für wenige Minuten abgespielt wird, kann die Dauer und Lautstärke nach und nach gesteigert werden, sofern der Hund keine oder nur geringe Stressanzeichen zeigt. Ruhiges, entspanntes Verhalten wird mit Leckerli oder Spielen belohnt. Wird das Geräusch zu Hause toleriert, muss es an anderen Orten trainiert werden.
Wem die genannten Tipps nicht reichen, kann sich im Vorfeld erkundigen, an welchem Ort es ruhiger ist. In manchen Naturschutzgebieten oder Nationalparks gilt ein offizielles Feuerwerksverbot, zum Beispiel im Harz, der Lüneburger Heide oder im Bayrischen Wald. An der Nordsee gibt es komplett feuerwerksfreie Inseln, wie Amrum. Fast überall an der Ost- und Nordsee-Küste, wo viele Reetdachhäuser stehen, bestehen Feuerwerksverbote.
Wer nur für ein paar Stunden flüchten kann oder will, um seinen Hund vor Raketen und Böllern abzuschirmen: Silvester auf der Autobahn ist nicht gemütlich, aber in der Regel ruhig.